Brücks ehemalige "Neue Heimat"

 

Planung der Behelfssiedlung

 

Aufgrund der massiven Bombenangriffe auf Köln und insbesondere nach dem sogenannten „1000-Bomber-Angriff“ vom 30./31. Mai 1942 waren auf einen Schlag 45 132 Personen als obdachlos registriert. Was aber sollte mit den sogenannten kriegswichtigen Personen, hauptsächlich den Beschäftigten in der Rüstungsindustrie (z.B. Klöckner-Humboldt-Deutz, Westwaggon usw.) sowie den Angehörigen der Verwaltung geschehen? Diese sollten durch die »Errichtung von Baracken als Ausweichunterkünfte“, also durch die Schaffung von Notwohnungen durch die Kommune untergebracht werden.

 

 

Von 1000 genehmigten Baracken, die in Köln errichtet werden sollten, wurden fünfzig nach Köln-Brück zum Bau der Behelfsheimsiedlung „Neue Heimat“ geliefert. Diese Baracken wurden parallel zur Overather Straße auf drei Wegen gebaut, die später als Weg A, B und C bezeichnet wurden. Die Besorgung des Baumaterials durch Bezugsscheine und der Bau erfolgte in Eigeninitiative. Vieles sprach für die Auswahl dieses zu bebauenden Geländes. Das gesamte Areal war ursprünglich Brücker Gemeindeland und somit jetzt im Besitz der Stadt. In der Nahe des Rinderweges befand sich der Brücker Sportplatz. Das restliche Gelände wurde in der Hauptsache landwirtschaftlich sowohl durch den Waldschulhof als auch durch den Gräfenhof genutzt. Der Ort war einerseits weit genug von der stark durch Bombardierungen gefährdeten Innenstadt entfernt, andererseits aber zugleich durch den unmittelbaren Straßenbahnanschluss verkehrsgünstig gelegen.

 

Organisation des täglichen Bedarfs

 

Die Bewohner, die fast ausschließlich aus dem Innenstadtbereich von Köln stammten, sollten, so sah es jedenfalls die Planung vor, durch Kleingartenvereine betreut werden. Die Vereinsmitglieder sollten die Neusiedler im Gartenbau und in der Kleinviehhaltung unterweisen. Dies hat aber wohl nicht funktioniert, letztlich vor allem wegen der Wirren der letzten Kriegstage. Viele der Bombengeschädigten wurden durch die in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene „Notküche Bauer“ im Mauserhof mit Essen versorgt. Dort wurden von NSV-Helferinnen einfachste Speisen, zumeist Eintopfgerichte, zubereitet und verteilt. Das benötigte Mobiliar wurde sehr oft aus Beständen von verschleppten, vertriebenen oder gar ermordeten jüdischen Bürgern zur Verfügung gestellt. Ein weiterer, großer Teil davon stammte aus riesigen Lagern in Holland, in denen ausgewanderte jüdische Bürger ihr Hab und Gut untergestellt hatten. Einzige Voraussetzung, um an der Versteigerung des gestohlenen Mobiliars teilzunehmen, war der Besitz eines grünen Ausweises für Fliegergeschädigte.

 

 

Täglicher Kampf ums Überleben

 

Das Leben innerhalb der Siedlung gestaltete sich schwierig, wenn nicht gar elend. Die Baracken waren schlecht zu beheizen. Kanonenöfen zum Verheizen von Brennholz bekam man nur gegen Bezugsschein, wie viele andere Dinge des täglichen Bedarfs auch. Brennholz musste aus dem nahegelegenen Königsforst besorgt werden, wobei es lediglich erlaubt war, das herumliegende Holz aufzusammeln. Da der Wettbewerb unter den „Holzsammlern“ groß war, gerade wegen des harten Winters, wurde so mancher Baum ohne Erlaubnis gefällt, was wiederum die Polizei auf den Plan rief und so manchen Konflikt bescherte.

Eine weitere Erschwernis war die unmittelbare Nähe der stattlichen Häuser im Bereich des Klausenbergs, die bei dem einen oder anderen Bewohner der „Neuen Heimat“ zu teilweise aufkommenden Neidgefühlen geführt haben mögen, was so manchen Konflikt zur Folge hatte. Wahrscheinlich wurde schon hier der Grundstein gelegt für die spätere Ausgrenzung der Bewohner der „Neuen Heimat“ in der Nachkriegszeit.

 

Nachkriegszeit

 

Aufgrund des riesigen Wohnungsmangels auch nach dem Krieg bestand die Siedlung weiter wie viele andere Behelfsheimsiedlungen auch und erwies sich als längerfristige Lösung des Wohnungsproblems jener Zeit. Nach dem Krieg zogen häufig auch Vertriebene und Kriegsflüchtlinge aus dem Osten in die Behelfssiedlung.

 

 

Das Gelände wurde schließlich fast vollständig bebaut. Die uneinheitliche Bauweise der einzelnen Häuser und Schuppen prägte das kunterbunte und teilweise auch eigenwillige Erscheinungsbild der „Neuen Heimat“, wie es so mancher Bewohner liebte und viele Brücker noch in Erinnerung haben. Die Baracken wurden nach und nach aufgehübscht und vergrößert, in einigen Fällen sogar unterkellert. Die Stadt verlegte Wasserleitungen zu jedem Gebäude, später folgten Strom und Telefon mittels Überlandleitungen. Auch eine Straßenbeleuchtung bekam die Siedlung. Die Wege wurden verstärkt und zum Teil gepflastert oder asphaltiert. Lediglich eine Abwasserentsorgung gab es weiterhin nicht. Jedes Gebäude hatte jetzt einen Abort aus Holz im Garten. Viele Bewohner befanden sich dort 136 Häuser mit etwa 600 Bewohnern.

 

Das Ende der Siedlung

 

Eine von Köln nach Osten in Richtung Kassel führende Autobahnstrecke war bereits in der NS-Zeit Mitte der 1930er Jahre in Streckenplänen aufgeführt, um die Reichsstraße 55 (heutige B55) zu ersetzen. Die Siedlung Mauserhof („Neue Heimat“) musste Anfang der 1970er Jahre der Trassenführung der A4 zwischen Merheim und Refrath komplett weichen. Den 600 Bewohnern wurden Sozialwohnungen und Ersatzunterkünfte angeboten. Nicht alle Bewohner waren bereit, ihr Zuhause zu verlassen. Schließlich kam es zu Enteignungen und Zwangsräumungen, bis auch das letzte Haus und Grundstück eingeebnet war.